Willkommen in Absurdistan

05. September 2018 Paradigmenwechsel 0

Ein Gastbeitrag von T.W.

Unsere Töchter besuchen nun seit über zwei Jahren keine Schule mehr.
Im ersten Jahr gab es ein Bußgeld, den zugehörigen Gerichtsprozess haben wir gewonnen und mussten nicht zahlen. Dann gab es ein Zwangsgeld, der Prozess liegt seit über einem Jahr beim Verwaltungsgericht, schätze dort liegt er auch noch, wenn die Kinder volljährig sind.

Ganz zu Anfang der Schulverweigerung hatte ich alle in Frage kommenden Schulen/Projekte kontaktiert – meist erfolglos. Unter anderem das nächstliegende Schulverweigerungsprojekt. Der Projektleiter erklärte mir in insgesamt drei Telefonaten im Laufe eines Jahres, dass sein Projekt definitiv nicht passend ist für unsere Töchter.

Im letzten Jahr hatten wir Besuch von drei verschiedenen Jugendamtsmitarbeitern. Alle drei fanden die Situation soweit in Ordnung und sahen keinerlei Anzeichen für eine Kindeswohlgefährdung.
Ende des Jahres gab es dann wieder einen Wechsel des Sachbearbeiters, die neue Zuständige hat nach Aktenlage das Familiengericht eingeschaltet. Dort wurde uns vorgeworfen, wir hätten alle Hilfsangebote von Jugendamt und Regierungspräsidium abgelehnt.
Konkret gab es keinerlei Hilfsangebote – die letzte Sachbearbeiterin hatte kurz dieses Schulverweigerungsprojekt vorgeschlagen, wir hatten das allerdings zusammen mit ihr in einem gemeinsamen Gespräch mit Anwalt und Karen Kern verworfen.
Vom Regierungspräsidium hingegen haben wir nie gehört, Kontaktaufnahme unsererseits wurde abgeblockt, es gab keinen Schriftverkehr, keine sonstigen Kontakte.

Nun saßen wir also beim Familiengericht, drehten uns Stunden im Kreis ohne Ergebnis. Immer wieder wurde behauptet, die Kinder seien sozial isoliert und das sei die latente Kindeswohlgefährdung.
Es hatte den Anschein, dass die Richterin nicht wusste, was sie tun solle, also wurden wir verpflichtet ein Gespräch mit dem Jugendamt und dem Leiter des oben genannten nächstliegenden Schulverweigerungsprojektes zu führen. Das Projekt findet in ca. 30km Entfernung statt. Mit dem Bus müssten die Kinder insgesamt 3h fahren, um 2h an dem Projekt teilzunehmen – täglich.
Das Einzige, was ich abgelehnt hatte war der Vorschlag, ich könne die Kinder fahren und täglich 2h Kaffee trinken.

Nun hat das Gespräch also statt gefunden.
Mit folgendem Ergebnis – die armen sozial isolierten Kinder werden ab September für 4 Wochen zweimal in der Woche für zwei Stunden zu Hause besucht.
Täglich war dem Mitarbeiter des Projektes wirklich nicht zuzumuten, da die Entfernung so groß ist.
Das heißt konkret – ein bezahlter Mitarbeiter kann während seiner Arbeitszeit unmöglich täglich diese Strecke auf sich nehmen – meine 11 und 13 Jahre alten Töchter sollen dies ab Oktober allerdings tun. Ohne Auto versteht sich, d.h. sie brauchen für die Strecke sicher doppelt so lange, wie der Mitarbeiter.

Um die „soziale Isolation“ und die damit einhergehende Kindeswohlgefährdung zu verhindern, findet das Projekt übrigens ausschließlich in Einzelunterricht statt.

Konkret war es aber so, dass das Jugendamt uns mit Sorgerechtsentzug droht, wenn wir uns darauf nicht einlassen.

Die Krönung des Ganzen ist allerdings, dass der Leiter des Projektes darauf besteht (!), dass wir Eltern das Projekt positiv sehen, denn sonst könne eine Arbeit nicht funktionieren.
Als Pädagoge sollte er wissen, dass es wohl schwierig ist, sich für etwas zu begeistern, was inhaltlich, als auch in der Ausführung in keinster Weise geeignet ist für uns und nur unter Zwang und durch Drohungen zu Stande kommt. Das wird aber ignoriert.
Vermutlich sitzen wir also demnächst wieder beim Familiengericht und der Anklagepunkt ist diesmal die mangelnde Begeisterung der Eltern für das Zwangsprojekt.

Willkommen in Absurdistan!